Spät in der Nacht kommen wir in Teheran an. Ein verantwortungsvoller Taxifahrer bringt uns bis vor die Haustür unseres Couchsurfing-Gastgebers Hadi. Der erwartet uns schon. Da wir aufgrund der Zeitverschiebung noch nicht völlig müde sind, bleibt Zeit für eine kurze Unterhaltung, bevor wir unser Lager auf dem mit Teppichen ausgelegten Boden aufschlagen. Erste Nacht im Iran – erste Nacht auf dem Boden.

Exakt an der gleichen Stelle, an der wir am Abend unsere Schlafsäcke ausgebreitet haben, entsteht am Morgen der Frühstückstisch. Bunt gemusterte Plastiktischdecke, Fladenbrot, Käse, ein Samowar und Teegläser, die mein DDR-Herz höher schlagen lassen… So wird von nun an jedes Frühstück für uns aussehen.

Und dann stürzen wir uns in das Gewimmel von Teheran, das an diesem Tag aus zwei Gründen weniger wild ist als normalerweise. Erstens, es ist Samstag – der iranische Sonntag. Zweitens, einer der 12 Imane oder eins seiner Geschwister hat vor vielen Jahren etwas Bemerkenswertes vollbracht. Die Legenden über die Imane bergen so viele neue Informationen in sich, dass ich am Ende nicht mehr weiß, wem zu Ehren gefeiert wird. Tatsache ist, dass wir ein Getränk und ein kleines Stück Gebäck zur Feier des Tages in die Hand gedrückt bekommen.

Danach geht es mit Bus und Metro (beide Verkehrsmittel haben jeweils ein separates Abteil für Frauen) zu den Attraktionen der iranischen Hauptstadt. Allen voran der markante Azadi Turm, die einzige Sehenswürdigkeit Teherans, die ich vor unserer Reise kannte. Aus dem Film Argo, übrigens. Der Golestan Palast, in dem vor allem die Spiegelkunst den Betrachter fesselt und die dreistöckige, unter den Architekturbegeisterten sicherlich bekannte Tabiat-Brücke, welche sowohl zwei Parks als auch zwei Stadtteile miteinander verbindet. Auf dem Weg kommen wir am Parlament vorbei, in denen der IS vor einigen Monaten einen Anschlag verübt hat. Hadi berichtet ganz aufgeregt und detailreich von der Jagd nach den Attentätern. Und schon bald verstehen wir mehr von dem Umgang mit dem Tod, indem wir eine weitere wichtige Charaktereigenschaft der iranischen Kultur kennenlernen: das Märtyrertum. Auf den Hügeln, welche die Stadt von einer Seite einschließen, sind nicht ein paar Raketenmodelle ausgestellt, sondern auch die Autos von vier Nuklearforschern, die bei Terroranschlägen in eben jenen ums Leben kamen. Daneben israelfeindliche Symbole auf den Müllkörben und spielende Kinder auf Panzern und Militärhubschraubern. Für mich ziemlich befremdlich, diese Kriegskultur.